Batterien mit langem Atem vom Start-up Tesvolt aus Wittenberg

Die Gründer und Geschäftsführer von Tesvolt, Simon Schandert (links) und Daniel Hannemann. FOTO: ANDREAS STEDTLER

Zukunftsland Sachsen-Anhalt

Batterien mit langem Atem vom Start-up Tesvolt aus Wittenberg

Energiespeicher: Wittenberger Start-up werden die Akkus von Kunden aus den Händen gerissen.

Die schwarzen Tesvolt-Module liegen in langen Reihen auf einem Band. Die Akkus in Paketgröße werden zum Test vollständig ent- und geladen, bevor sie in einem Batterieschrank verbaut werden. „Zehn Module reichen aus, um einen Vier-Personen-Haushalt zehn Tage mit Strom zu versorgen“, sagt Tesvolt-Geschäftsführer Daniel Hannemann über die Leistung der Anlage. Zusammen mit Simon Schandert hat der Wittenberger 2014 Tesvolt gegründet.

Deutsches Start-up als Marktführer bei Batteriespeichern

Heute ist das Start-up deutscher Marktführer bei Batteriespeichern für Industriefirmen und Energieversorger. In der Wittenberger Produktionshalle steht ein großer, weißer Container, auf dem das Logo der Stadtwerke Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) prangt. Der Energieversorger errichtet gerade an der Ostsee einen großen Solarpark, ein Teil des Sonnenstroms soll auch gespeichert werden. Bürger aus Stralsund können sich in das Projekt einkaufen und günstig Strom beziehen.

„Die Unternehmen wollen ihre Energiekosten einfrieren.“
Daniel Hannemann, Tesvolt-Chef

„Solche Projekte gibt es viele, wir können die hohe Nachfrage aktuell nicht vollständig bedienen“, erklärt Hannemann. Neben Energieversorgern setzen vermehrt Industriebetriebe auf eine Eigenversorgung. „Die Unternehmen wollen ihre Energiekosten einfrieren“, sagt Hannemann. So sei es möglich, mit einer größeren Solar-Anlage auf dem Dach gekoppelt mit einem Batteriespeicher Strom für zehn bis 14 Cent je Kilowattstunde zu produzieren. Das sei deutlich günstiger als die aktuellen Angebote der Energieversorger, die auch bei Gewerbekunden bei 40 Cent je Kilowattstunde liegen.

Spezielle Steuerung für große Energiespeicher

Und so funktioniert das Geschäftsmodell: Tesvolt kauft beim koreanischen Elektronikkonzern Samsung Batteriezellen und baut daraus Speicher. Das Know-how ist das Batteriemanagement. Hannemann und Schandert haben ein Programm entwickelt, das „den Gesundheitszustand“ der Zellen überwacht und regelt. Nimmt in einer Zelle die Leistung ab, wird das durch eine andere ausgeglichen. Dadurch werden effiziente und langlebige Speichersysteme geschaffen, die an gewerbliche Kunden verkauft werden. In der Regel werden die Anlagen dazu eingesetzt, überschüssigen Solarstrom zu speichern. Die Firma Tesvolt, benannt nach den Strompionieren Nikola Tesla und Alessandro Volta, hat auf ihre Systeme Patente angemeldet. Die schwarzen Energiespeicher stehen inzwischen auf einer grünen Alm, im australischen Outback, im afrikanischen Dschungel, aber auch in Ställen von Landwirten in Sachsen-Anhalt. Zuletzt hat Tesvolt laut Hannemann einen fahrenden Batterie-Container an ein Schweizer Unternehmen ausgeliefert, das damit Elektro-Lkw aufladen will. Die mobile Strom-Tankstelle kann flexibel je nach Auftragslage umgesetzt werden. 

Für die weitere Expansion hat Tesvolt im vergangenen Jahr 40 Millionen Euro von Kapitalgebern eingesammelt. Der Hauptgeldgeber ist ein prominenter: die Liechtenstein-Gruppe. Dahinter steht die Fürstenfamilie von Liechtenstein mit Fürst Hans-Adam II. an der Spitze. Die Fürstenfamilie zählt zu den reichsten Familien Europas und investiert ihr Vermögen gezielt auch in erneuerbare Energien. So wurden sie auch auf den Batterie-Hersteller Tesvolt aufmerksam, der zu den am schnellsten wachsenden Technologie- Unternehmen in diesen Bereich zählt.

Der Verkauf von Batteriespeichern steigt stark

Das Wachstum gelingt auch dadurch, dass viele Prozesse standardisiert und digitalisiert werden. Schon seit der Gründung sind die Batterieschränke so konstruiert, dass sie sich nach dem Ikea-Möbel-Prinzip einfach aufbauen lassen. Wer die Tesvolt-Speichersystem installieren will, benötigt dazu allerdings eine Zertifizierung - schließlich handelt es sich um Hochvolt-Anlagen. Inzwischen werden die Elektro-Monteure weltweit von Tesvolt online geschult. Doch nicht nur das. Das Unternehmen führt eine neue App ein, die bei Erweiterungen oder Reparaturen des Systems hilft. „Unser Ziel ist es, dass unsere Kunden die Systeme selbst aufbauen, einrichten und auch warten können“, erklärt Hannemann. 

Dazu gebe es in der App einen digitalen Zwilling der Anlage, die beim Kunden steht. „Schritt für Schritt wird im 3-D-Format gezeigt, wie der Kunde beispielsweise ein defektes Teil austauschen kann“, erläutert der Firmenchef. „Da wir immer mehr Anlagen verkaufen, könnten wir einen Service vor Ort gar nicht mehr leisten.“ Im Jahr 2021 wurden 3.000 Anlagen verkauft.

Blick in die Zukunft

Angestellte können komplett im Homeoffice arbeiten In den vergangenen zwölf Monaten stieg die Zahl der Beschäftigten im Wittenberger Unternehmen von 120 auf derzeit etwa 200. „Wir suchen europaweit Fachkräfte etwa aus den Bereichen Software-Entwicklung, Vertrieb und Marketing“, sagt Hannemann. Die neuen Beschäftigten müssten dazu nicht in Wittenberg arbeiten. „Es kann auch komplett im Homeoffice gearbeitet werden“, so der Tesvolt-Chef. In den kommenden Monaten soll auch die Produktion erweitert werden, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. 

Trotz Wachstum und neuen Investoren wollen sich die Gründer Hannemann und Schandert bei der Expansion nicht übernehmen. Die Mehrheit der Firmenanteile liegt weiter in ihren Händen. Die Eigenständigkeit des Unternehmens ist damit gesichert.


STEFFEN HÖHNE

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