Wenn der neue Chef übernimmt: Claudius Borgmann führt Frerotec von Dieter Frenkel aus Gernrode fort

Claudius Borgmann hat in Gernrode einen alteingesessenen Metallbaubetrieb von Dieter Frenkel übernommen, der die Firma vor 30 Jahren gegründet hatte. FOTOS: ANDREAS STEDTLER, MATTHIAS BEHNE, HWKM, MZA

Zukunftsland Sachsen-Anhalt

Wenn der neue Chef übernimmt: Claudius Borgmann führt Frerotec von Dieter Frenkel aus Gernrode fort

Generationswechsel: Der Gründer einer Firma in Gernrode im Harz suchte jemanden, der das Unternehmen weiter führt. Nun ist der Übergang gelungen.

Dieter Frenkel ist ein Macher. „Ich bin so ein Typ: Wenn Bedingungen erfüllt werden müssen, dann mache ich das einfach“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur. So hat er vor fast 30 Jahren sein Unternehmen in Gernrode im Harz gegründet. Einfach eine Halle gebaut und losgelegt. Und so pragmatisch hat er seine Firma in diesem Jahr auch erfolgreich an einen Nachfolger übergeben. 

Frenkel ist 1951 in Schwerin geboren, ging zum Studium nach Magdeburg und arbeitete danach bei Pyrotechnik Silberhütte. „Ich wollte etwas Selbstständiges machen und selbst entscheiden“, sagt er über seinen Entschluss, im Jahr 1993 ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Bedingungen der Bank waren schnell erfüllt, auch Arbeitskräfte zu finden war damals kein Problem. So startete Frenkel und spezialisierte sich auf das Fräsen, Drehen, Schleifen und Erodieren von Teilen in kleinen Stückzahlen.

Gründer beginnt bereits vor vier Jahren mit Nachfolgersuche

Auf der Suche nach einer eigenen Firma

Die „Dieter Frenkel & Co Erodier und Zerspanungstechnik KG“ machte sich mit guter Qualität und Termintreue einen Namen, sagt der ehemalige Unternehmer. Dadurch konnte er immer weiter in neue Maschinen investieren und zuletzt 17 Menschen beschäftigen. „Aber irgendwann muss man sagen, das war’s dann“, meint Frenkel. 





„Irgendwann muss man sagen, das war’s dann.“

Dieter Frenkel, ehemaliger Unternehmer






Vor vier Jahren nahm er einen ersten Anlauf, den Betrieb abzugeben. Da war er nach eigener Aussage aber „noch nicht soweit“. Im „Netzwerk Unternehmensnachfolge“ der Wirtschaftskammern in Sachsen-Anhalt ließ Frenkel sich als Betrieb listen, der einen Nachfolger sucht. Im Juni 2021 meldete sich ein Interessent.

Wenige Tage später besuchte Claudius Borgmann, der Interessent, das Unternehmen in Gernrode zum ersten Mal. „Ich bin selbst nicht mehr der Jüngste“, sagt der  Wirtschaftsingenieur, Jahrgang 1969. Doch in seinen vorherigen Jobs als Geschäftsführer von großen Betrieben in der Chemieindustrie war der Magdeburger nicht mehr glücklich. „Nur Meetings von morgens bis abends. Irgendwann habe ich beschlossen, dass ich das nicht mehr machen will“, sagt Borgmann.

Firmenübernahme mit Vorlauf

Also ging er auf die Suche nach einem kleineren, eigenen Betrieb. „Bodenständiger, kleinteiliger und ohne viel Bürokratie“ sollte es sein, erzählt Borgmann. In der Region sei die Auswahl dafür überraschend klein gewesen. Auch eine extra beauftragte Firma brachte ihn nicht weiter. Dann stieß er über eine regionale Zeitschrift auf die Firma von Dieter Frenkel. 

Claudius Borgmann war ab dann häufiger im Unternehmen anzutreffen. Ein oder zwei Tage in der Woche wälzte er in Gernrode die Akten und machte sich mit dem Unternehmen vertraut. Nach technischen Zeichnungen stellen die Mitarbeiter hier Einzelteile aus Metall her, beispielsweise für Industriepumpen oder Walzwerke. Die größten Teile wiegen mehr als drei Tonnen und die kleinsten unter zwei Gramm.

Für Borgmann war schnell klar: Das Unternehmen von Dieter Frenkel läuft, die Kunden sind treu, die Mitarbeiterschaft eingeschworen. Borgmann wollte den Betrieb übernehmen. Seinen Job hatte er bereits aufgegeben. „Eine Übernahme ist ein Full-Time-Job“, sagt der Unternehmer. Eine Herausforderung wurde die Finanzierung. Erst nach vielen Enttäuschungen fand er eine Bank aus der Region, die ihn unterstützte. „Da müsste es bessere Formen geben“, findet Borgmann. Kurz vor Weihnachten stand der Kaufvertrag. Anfang 2022 legte Claudius Borgmann als Inhaber los. Das Unternehmen heißt jetzt „Frerotec“. „Ein neuer Name ist nicht immer günstig, aber ich wollte zeigen, dass es eine klare Weiterentwicklung gibt“, sagt Borgmann.

Alle Mitarbeiter durften nach Übernahme bleiben

Nach der Firmenübernahme blieben alle Mitarbeiter

Das Büro arbeitet jetzt komplett digital, wodurch Borgmann die Abläufe beschleunigen konnte. Auf dem Dach arbeitet seit wenigen Monaten eine Solaranlage. Auch in neue Maschinen hat Borgmann investiert. 

Wer ein Unternehmen übernehmen will, sollte sich außerdem rechtzeitig um die Finanzierung kümmern und sich mit Menschen austauschen, die Ähnliches hinter sich haben, rät Borgmann. Wichtig für den neuen Chef ist zudem, dass alle Mitarbeiter geblieben sind. „Während einer Übergabe herrscht Unsicherheit. Deshalb haben wir von vornherein offen kommuniziert“, sagt Borgmann. Auch heute geht er täglich mehrmals durch die Produktion und spricht mit den Mitarbeitern.

Bereut hat Claudius Borgmann seine Entscheidung bisher nicht. Nachdem es für die Firma während der Corona-Pandemie wirtschaftlich schwierig war, wird sie in diesem Jahr Gewinn machen. Und ein Wunsch von Borgmann hat sich auch erfüllt: „Ich habe kein einziges Meeting mehr.“

BU: Claudius Borgmann hat in Gernrode einen alteingesessenen Metallbaubetrieb von Dieter Frenkel übernommen, der die Firma vor 30 Jahren gegründet hatte


ROBERT GRUHNE

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Nachfolger gesucht

Laut Berechnungen Laut Berechnungen des „Netzwerks Unternehmensnachfolge“ der Wirtschaftskammern stehen in Sachsen-Anhalt in den nächsten fünf Jahren schätzungsweise 3.600 Unternehmensübergaben an – pro Jahr also 720. In den Handwerksbetrieben in Sachsen-Anhalt sind rund 40 Prozent der Inhaber älter als 50 Jahre, 21 Prozent sind älter als 60 Jahre. Die Kammern raten, dass sich potenzielle Übergeber frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen.