Die Betonkammer ist eine Art Bunker: acht Meter lang, acht Meter breit und acht Meter hoch. Drinnen stehen zwei Stahlambosse, ein kleiner Kran und eine Videokamera. Florian Schmuchal und sein Team fahren eine Batterie, wie sie in Elektro-Autos eingesetzt wird, in den Raum. Anschließend wird dieser durch eine schwere Stahltür verschlossen. Was drinnen passiert, wird über die Kamera übertragen. Die Stahlträger schieben sich langsam zusammen und zerquetschen die Batterie.
Schmuchal ist eine Art Zerstörungsmeister: Er lässt die großen Akkus auch aus vier Metern Höhe auf den Boden krachen, wirft Werkzeuge auf das Gehäuse oder versucht sie, mit einem XXL-Grill in Brand zu setzen. „Was wir hier machen, sind Missbrauchstests", sagt der Teamleiter. „Wir simulieren, was bei einem Unfall des Elektroautos mit den Batterien passieren könnte."
Der Bunker befindet sich im weltweit größten Entwicklungs- und Testzentrum für Hochvoltbatterien für Pkw und Nutzfahrzeuge in Sandersdorf-Brehna (Anhalt-Bitterfeld). In diesem testet das Unternehmen FEV die mitunter metergroßen Akkus für zahlreiche Auto- und Batteriehersteller. „Wir können hier alle gängigen Tests für Batterien durchführen", sagt Standortleiter Hans-Dieter Sonntag. Dazu gehöre auch die Crash-Sicherheit für Zellen, Module und Packs.
Von der Autobahn A9 ist das Testzentrum schon von weitem sichtbar. Es befindet sich in einem futuristischen Fabrikbau mit einem schrägen Dach, auf dem Solarzellen installiert sind. Drinnen herrscht für Gäste strenges Video- und Fotoverbot. Die gelagerten Batterien sind alle mit schwarzen Folien abgedeckt. Denn viele der E-Auto-Batterien, die hier getestet werden, sollen erst in den kommenden Jahren auf den Markt kommen. Sonntag und seine Mitarbeiter haben also einen guten Einblick in die Zukunft der E-Mobilität.
E-Auto-Akkus müssen vielen Umwelteinflüssen standhalten
Für die MZ öffnete Sonntag jedoch ein paar Türen: Die beeindruckendste Anlage ist der Shaker - englisch für Schüttler. Es handelt sich um einen mehrere Meter großen Kasten, in dem alle möglichen Arten von Vibrationen erzeugt werden können. „Fahrzeugbatterien müssen anders als stationäre Akkus etwa in Fabriken viel mehr Umwelteinflüssen standhalten", sagt Sonntag. Simuliert wird etwa, wie sich die Akkus bei einer langen Fahrt über Kopfsteinpflaster verhalten. Doch nicht nur das: Die Temperatur kann dabei zwischen minus 40 Grad und plus 100 Grad variieren. Solche Test sind laut Sonntag notwendig und geben durchaus Alltagssituationen wieder: „Eine Batterie kann beim Fahren durchaus 60 Grad warm werden und dann mit Eiswasser in einer Pfütze in Kontakt kommen."
In den vergangenen Jahren sorgten immer wieder Meldungen von brennenden Elektro-Autos für Schlagzeilen, die teilweise von der Feuerwehr nur schwer gelöscht werden konnten. Wie sicher sind also die riesigen Akkus? „E-Autos sind aus meiner Sicht genau so sicher wie Fahrzeuge mit Kraftstoffmotor", sagt Sonntag. Die Art der Herausforderung ändere sich aber. Elektroauto-Akkus bestehen aus vielen Einzelzellen, die zu Modulen zusammengeschaltet werden und die den Strom speichern und abgeben.
Die Zellen verfügen über eine positive Elektrode (Anode) (Anode) aus einem Lithium-Metalloxid und eine negative Elektrode (Kathode), die in der Regel aus Grafit besteht. „Wie bei jedem elektrischen System ist es unser Anliegen, Kurzschlüsse zu vermeiden", erläutert Sonntag. Ein Batterie-Managementsystem schützt die Akkus über Sicherungen in der Regel vor Kurzschlüssen - so wie der Sicherungskasten in jedem Haushalt. „Und dass es in den Zellen selbst keine Kurzschlüsse gibt etwa durch Deformationen bei einem Unfall - ist unser Anspruch bei Entwicklung und Testen."
Wie gefährlich sind die großen Lithium-Batterien?
Was passiert aber, wenn die Batterie beim Unfall beschädigt wird? Brennendes Lithium kann nicht gelöscht werden. Laut Sonntag gibt es zwei Besonderheiten: „Lithium ist ein Metall, das die Feuerwehr kühlen muss, um einen eventuellen Brand einzudämmen." Zudem würden in E-Autos mehr Kunststoffe verbaut, um die Fahrzeuge leicht zu machen.
Da die E-Auto-Batterietechnik noch vergleichsweise jung ist, besteht viel Entwicklungsbedarf. Beim Gang durch das Testzentrum bleibt Sonntag vor zwei großen Wasserbecken stehen. Eines ist mit blauem und eines mit gelbem Wasser gefüllt. Die Batterien werden in unterschiedliche Tiefe in das Wasser getaucht. „Später schauen wir nach, ob sich Wasser in den Akkus befindet", so der Testzentrumsleiter. Blaues Wasser wäre ein Beleg, dass schon bei geringer Wassertiefe Flüssigkeit eindringe. Auch Flüssigkeit könne zu Kurzschlüssen führen.
Teamleiter Florian Schmuchal sieht nach eigenen Worten den Erfolg der Arbeit: „Wir haben hier Prototypen von jungen Technologiefirmen, die zwar eine immense Leistung haben, aber mit uns noch die Sicherheit weiterentwickeln müssen." Die Hersteller würden detaillierte Analysen über die potenziellen Schwachstellen erhalten. „Wenn wir dann nach einiger Zeit das fertige Produkt testen, sind wir oft selbst erstaunt, welch enorme Entwicklungsschritte auch diese Start-ups bei der Sicherheit leisten."
STEFFEN HÖHNE
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