Tischlers neue Werkzeuge: Digitale Tischlerei Dreyer in Wulferstedt

Der Tischler Robert Dreyer hat die Tischlerei seines Vaters übernommen und bildet derzeit fünf Lehrlinge aus. FOTOS: ANDREAS STEDTLER, FELIX PAULIN, NICK DOPPELHEUER, DPA

Zukunftsland Sachsen-Anhalt

Tischlers neue Werkzeuge: Digitale Tischlerei Dreyer in Wulferstedt

Digitalisierung: Der 32-jährige Robert Dreyer hat die Tischlerei seiner Familie In Wulferstedt modernisiert und das Marketing digitalisiert.

Einen Termin bei Robert Dreyer, Tischlermeister aus Wulferstedt, kann man sich online buchen. „Nur eine Spielerei“, winkt der 32-jährige Geschäftsführer ab. Dass sein Betrieb ein Musterbeispiel für die Digitalisierung im Handwerk ist, hat andere Ursachen. Dreyer hat sein Unternehmen von Grund auf neu gedacht. „Digitalisierung ist nur ein Werkzeug. Man muss erst die analogen Prozesse überprüfen“, sagt Dreyer, der auch Wirtschaftsingenieurwesen studiert hat. Seine Tischlerei in der Börde gibt es seit 99 Jahren.

Digitalisierung beschleunigt Arbeitsabläufe

In vierter Generation übernahm Robert Dreyer vor fast vier Jahren das Ruder von seinem Vater Reiner Dreyer. 

Durch die Digitalisierung wurden die Arbeitsabläufe schneller

Durch die Digitalisierung wurden die Arbeitsabläufe schneller

Das Unternehmen sei zu dem Zeitpunkt zwar gesund gewesen, was „eine große Leistung meines Vaters“ gewesen sei, sagt der Sohn. Aber digital war die Tischlerei ganz und gar nicht. „Mein Vater ist der Typ, der die E-Mail noch ausgedruckt hat“, schildert Robert Dreyer. Dementsprechend hoch waren die Aktenberge im Büro. 

Mit 60 Jahren gab Reiner Dreyer die Geschäftsführung aus freien Stücken an die nächste Generation ab. „Ich bin ihm dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, dieses Unternehmen weiterzuentwickeln“, sagt Robert Dreyer. Der junge Chef sortierte die Arbeitsschritte im Betrieb neu. Alle Beschäftigten haben jetzt jederzeit Zugang zu den richtigen Informationen. Dafür ist keine komplizierte Software nötig, sondern einfach nur eine gute digitale Ordnerstruktur.

"Der Beruf wird nicht aussterben. Wir werden gebraucht."
Robert Dreyer, Tischler

Durch ein Förderprogramm brachte Dreyer die IT-Infrastruktur auf den neusten Stand. Die hohen Aktenschränke sind weg, genauso wie die Kosten für Druck und Papier. Auf dem Schreibtisch des Chefs befinden sich heute nur noch ein Tablet und ein Notizblock.

In der Werkstatt selbst scannen die Mitarbeiter nach jedem Arbeitsschritt das Klemmbrett mit dem Laufzettel ab. So lässt sich auch digital ablesen, in welchem Stadium sich der Auftrag befindet. „Die Einarbeitung geht fix“, sagt Dreyer. Er lobt sein Team, wo der 17-jährige Auszubildende genauso mitzieht wie der Altgeselle, der seit 45 Jahren im Betrieb arbeitet. Dass Dreyer die Organisation beschleunigt und den Betrieb digitalisiert hat, zeigt sich auch in den Geschäftszahlen.

Digitale Prozesse lassen Umsätze deutlich steigen

Im Jahr bevor der neue Chef an den Start ging, machte die Tischlerei einen Umsatz von 900.000 Euro. 2021 waren es bereits 1,5 Millionen Euro. In diesem Jahr sieht es ähnlich aus. Dabei geholfen haben auch die sozialen Medien. Die Tischlerei hat sich auf den Fensterbau spezialisiert und wirbt dafür im Internet. „Wir haben seit Februar einen Mitarbeiter nur für soziale Medien. Allein über Facebook haben wir Aufträge für 150.000 Euro generiert, dieselbe Summe noch mal über Google“, sagt Dreyer.

Der ehrgeizige Chef hat jetzt noch mehr vor. In Bottmersdorf bei Wanzleben hat die Tischlerei seit diesem Sommer einen zweiten Standort. „Wir wollen noch eine Schippe drauflegen und unsere Kapazitäten verdoppeln“, kündigt Dreyer an. Am neuen Standort kommen auch CNC Maschinen zum Einsatz. Die Mitarbeiter arbeiten sich momentan in die neue Technik ein. Damit das Wachstum gelingt, braucht die Tischlerei allerdings mehr Mitarbeiter.

Mitarbeitersuche über soziale Medien

Als Robert Dreyer übernahm, arbeiteten zehn Menschen im Unternehmen. Heute sind es knapp 30. Wie hat die Tischlerei das in Zeiten des Fachkräftemangels geschafft? „Ich habe keine Lust, in das Thema einzustimmen“, sagt Dreyer. Klar, der demografische Wandel sei da. Und dennoch habe man, wieder vor allem über die sozialen Medien, hervorragende Leute für seinen Betrieb gefunden. Hundert Menschen haben sich in diesem Jahr bei der Tischlerei Dreyer beworben. Außerdem bildet der Betrieb aktuell fünf junge Menschen aus. „Man muss ihnen auch eine Chance geben und etwas zutrauen“, lautet Robert Dreyers Einstellung.

Bald soll in einen weiteren Standort der Tischlerei investiert

Wer mit seinem Handwerksbetrieb erfolgreich sein will, muss in Bewegung bleiben, findet der Unternehmer. Das nächste Ziel für die Tischlerei Dreyer ist es, den Umsatz zu verdoppeln, damit sich die Investition in den zweiten Standort gelohnt hat. Zukunftsängste hat Dreyer keine: „Der Beruf wird nicht aussterben. Wir werden gebraucht.“ 

Mit der Digitalisierung ist er noch lange nicht fertig, meint Robert Dreyer. Sie wird auch in Zukunft stets ein Begleiter sein. Am wichtigsten für den Chef: „Digitalisierung ist eine Unternehmeraufgabe. Er muss es selbst vorleben.“ Doch auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Die Tischlerei Dreyer hat Glück und bereits einen Glasfaseranschluss.


ROBERT GRUHNE

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