In Stolberg hat die Zukunft vier Räder, ist blau lackiert und hört auf den Namen ,,Thyra Floh". Für knapp sechs Monate ist der automatisch fahrende elektrische Kleinbus, benannt nach dem gleichnamigen Flüsschen, im vergangenen Jahr testweise durch die Fachwerkstadt im Südharz gerollt. Sechs Mal am Tag, immer zwischen dem Bahnhof am einen und einem Parkplatz am anderen Ortsende hin und her.
Hohe Nutzungszahlen für den autonomen Bus
Rund 2.100 Menschen sind in diesem Zeitraum mitgefahren. Einheimische, aber auch Touristen, die den Bus für ihren Weg in den Ort genutzt haben. Im Zentrum von Stolberg, 1.200 Einwohner, 140.000 Übernachtungsgäste jährlich, gibt es kaum Parkplätze.
Sönke Beckmann ist zufrieden. 2.100 Passagiere, „das ist viel“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Logistik der Uni Magdeburg. Die Forscherinnen und Forscher haben getestet, wie und unter welchen Bedingungen solche Busse sinnvoll genutzt werden können. Ein weiteres Fahrzeug wurde in Magdeburg eingesetzt.
Das Ergebnis: „Die Busse eignen sich gut für die sogenannte letzte Meile“, sagt Beckmann. Also etwa für Strecken zwischen einem Bahnhof oder einer Linienbushaltestelle und der eigenen Haustür – eben dort, wo es bisher keinen oder wenig öffentlichen Nahverkehr gibt.
Hindernisse erfordern menschliches Eingreifen
Weitere Erkenntnisse: Kreisverkehre, Kreuzungen und Ampeln sind eher kompliziert. In Stolberg habe der „Thyra Floh“ zwar automatisch die zuvor eingegebene Strecke befahren, schildert Beckmann, „aber an Kreuzungen musste immer noch bestätigt werden, dass der Weg auch tatsächlich frei ist“. Daher war stets ein sogenannter Operator mit an Bord – also ein Mensch, der in solchen Fällen eingreift. Oder auch dann, wenn der Bus auf etwas stößt, das er als Hindernis wahrnimmt – etwa ein am Fahrbahnrand geparktes Auto. Stolberg muss nun wieder ohne den „Thyra Floh“ auskommen.
Hat der autonome Bus eine Zukunft in Stolberg?
Wie geht es weiter? Am Magdeburger Logistik-Lehrstuhl haben sie anhand der Ergebnisse des Tests einen Leitfaden für Kommunen zum Einsatz solcher Busse entwickelt. Zudem sei bei allen Landkreisen und Verkehrsbetrieben in Sachsen-Anhalt der Bedarf nach einem solchen Angebot abgefragt worden, berichtet Sönke Beckmann. Mit großer Resonanz: „Wir haben 30 Streckenvorschläge entwickelt, wo der Bus sinnvoll eingesetzt werden könnte.“ Fast jeder Landkreis sei dabei. Damit gebe es nun eine Grundlage für Gespräche mit dem Land über die Förderung derartiger Projekte. In anderen Bundesländern, etwa in Bayern oder Nordrhein-Westfalen, fahren autonome Busse zum Teil bereits im Regelbetrieb.
ALEXANDER SCHIERHOLZ